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Per aspera ad astra - Melvin

"Durch das Rauhe zu den Sternen"

Heute habe ich meinen geliebten Sohn Melvin, rau und mit Herzschmerz, aus seinem Bett, aus meiner Wohnung geschmissen. Mitten aus dem Schlaf.

Mein Ziel:
Melvin zu zeigen, dass er ohne Arbeit auf der Strasse leben wird.
Er muss die Wende vom Bier- und PC- Junky zum seriösen und zuverlässigen Mitarbeiter und Kollegen schaffen.

 

Was ist geschehen:

Melvin hat seit dem 01. März 2023 eine neue Anstellung als Lastwagenchauffeur angetreten (seit Ende Dezember 22 arbeitslos).
Er ist noch in der Probezeit.
Doch heute ist er einfach liegen geblieben.
(nach einer verlustierten Nacht, d.h. am Abend zuvor, war er noch bis spät in die Puppen, mit dem Auto im Ausgang)
Ich dachte, er hätte verschlafen und weckte ihn. Noch wäre er zeitgerecht bei der Arbeit erschienen.
Aber er zeigte mir sofort ein Arztzeugnis. Er dürfe liegenbleiben, da sein Knie wieder Schmerzen bereite.
Am nächsten Mo. hätte er dann ein MRI - bis dahin sei er krank geschrieben.

Dazu muss man man wissen:

  • Melvin musste die Unteroffiziersschule Knieschmerzen beenden.
    Arztzeugnisse dazu waren vorhanden.
    Unternommen wurde nichts. Weder
    vom Arzt noch durch Melvin initiiert. 
  • Dann hatte er einen Job als Lastwagenchauffeur bei einer Firma, welche ihm die Ausbildung bezahlte und ihn dafür für 2 Jahre verpflichtet hätte.
    Dieser Job wurde ihm gekündigt, weil er zu viele Fehlzeiten hatte und der administrative Aufwand mit spontanen Krankheitsmeldungen für die Firma zu gross wurde.
    U.A. war auch da sein Knie ein Thema.
    Auf Ende Dezember wurde er freigestellt.
  • Dann war Melvin zwei Monate zuhause.
    Hat sich nicht beim Arbeitslosenamt angemeldet und so alle, zwei, drei Wochen eine Bewerbung als Chauffeur abgeschickt.
    Dazwischen trank Melvin Bier und spielte gefühlt 18h pro Tag am Computer. Eine Lastwagen Simulation.
    D.h. er fuhr digital Lastwagen oder daddelte auf seinem Handy.
  • Das war kein Zustand. Geld hat er keines mehr.
    Die Ausbildung musste er dem letzten Arbeitgeber zurückzahlen. 
    In dieser ganzen Zeit war sein Knie, nie mehr ein Thema.
    Er war kerngesund.
  • Dann fand er eine Arbeitsstelle, bei einem kleineren Arbeitgeber. Einem Arbeitgeber, der auf ihn angewiesen ist.
    Einen, der nicht einfach auf einen Ersatzmitarbeitet zurückgreifen kann.
    Und nun, nach nur 7 vollen Arbeitstagen, ist er am 8. bereits wieder krank! Arbeitsunfähig. Für eine ganze Woche!

Aus meiner Sicht geht das gar nicht.

  1. Hätte ich erwartet, dass er mit mir darüber spricht, bevor er zum Arzt geht.
  2. Hätte ich erwartet, dass er trotz der Schmerzen zur Arbeit erscheint. Mit allem Respekt vor den Knieschmerzen.
    K.A. mit einem Stützverband, einer Schiene o.ä.
    Zumindest so lange, bis der MRI Termin ist.
  3. Hätte ich erwartet, dass er nach dem MRI wieder arbeitet, bis die Diagnose und die Behandlung definiert sind.

Mir liegt fern Melvin die Schmerzen abzusprechen oder eine adäquate Behandlung zu verhindern.
Aber sein Verhalten ist dem Arbeitgeber gegenüber nicht korrekt, nicht fair.

 

Doch er blieb einfach liegen, ohne Gedanken oder Sorgen an seinen Arbeitgeber, seine Zukunft.

 

Und ich bat, flehte ihn an, schon mehrfach und bevor er die Arbeit begann:

„Sprich mir, erzähl von Deinen Sorgen, Ängsten, Nöten. Es gibt Lösungen, es gibt Hilfe. Evtl. auch von Aussen, Ärzte, Psycholgen etc.

Aber Du musst reden! Schon bevor Probleme da sind…!“

Er meinte nur: „Ja, Dad, ich weiss!“

 

Was möchte ich für Melvin:

  • Dass er einer geregelten Arbeit nach geht.
  • Dass er Verantwortung für sich übernimmt.
  • Dass er Stolz auf seine Arbeit sein kann.
  • Dass er einen Lohn erhält, von dem er selbst leben kann.
  • Dass er sich endlich professionelle Hilfe holt.
    Dabei denke ich vor allem an einen Psychologen, Psychologin.

Fakt ist:

  • Melvin hat praktisch kein Erspartes mehr
  • Melvin hat kein Einkommen
  • Das RAV zahlt nicht, weil er sich nicht anmeldet/ angemeldet hat.
  • Melvin hat Ziele und Träume
    • Zum Einen hat er neu ein Motorrad.
      Doch er kann es nicht fahren, da er weder Geld für die Versicherung noch fürs Benzin, Service etc. hat.
    • Und zukünftig möchte er als Berufsfeuerwehrmann arbeiten.
      Da braucht es gute Referenzen.
  • Melvin lebt von meiner sozialen Ader.
    Ich zahlte für ihn Kost und Logis.
    Gerne schiesse ich das vor. Aber dann möchte ich sehen, dass er sich einsetzt und in im nächsten, übernächsten Monat zurück bezahlt.
  • Wir haben einen Zahlungsplan, ein Budget erstellt, mit dem "zu erwartenden Monatslohn". Aber das ist nun ja leider obsolet. 

Meine Ängste sind:

  • Melvin verliert erneut seine Arbeit und findet auch keine mehr, da sich das bestimmt herumspricht.
  • Melvin findet den Rank nicht und verliert sich bei jeder Unannehmlichkeit immer wieder in psychosomatischen Krankheiten. Kopf-, Knie-, Bauchschmerzen...
  • Melvin wird langsam zum Alkoholiker.
    Jeden Abend trinkt er 0.5- 1L Bier. 
  • Melvin wird spielsüchtig.
  • Melvin wird seinen Lebensunterhalt nie selbst bestreiten können.
  • Melvin wird sich weder Hobbys, noch Freunde, noch Familie leisten können. Alle seine Träume verfallen.
  • Melvin wird ein Sozialfall. Abhängig vom Sozialstaat.
    Ohne eigene Wohnung, nur alleine.

Bei dem Allem  geht es mir schlecht, sehr schlecht :-(.
Gerne würde ich ihn bei mir aufnehmen, ihn komfortabel und sorglos rund um die Uhr betreuen.

 

Doch dieses Verhalten zeigt er nun seit der Primarschule immer wieder.

  • Über Probleme oder Sorgen spricht er mit niemandem.
  • Wenn man ihn fragt, ist alles in bester Ordnung.
  • Doch immer wieder bricht alles über ihm zusammen und es stellt sich heraus, dass eben nichts in Ordnung ist.

Seit Jahren räume ich/ wir Melvin sämtliche Probleme aus dem Weg. Mit Lehrerinnen, Lehrmeister etc.
Auch zahle ich seine Kosten, wo nötig. Er darf bei mir wohnen, essen, duschen und schlafen. Bezahlen soll er später, wenn er dann mal Geld hat.

Doch was ich sehe ist ein Computersimulator spielender Melvin in einem vermüllten "Kinderzimmer" mit duzenden Bierbüchsen und -flaschen.

Die Aufforderung zum Aufräumen wird aktiv ignoriert.

 

Für mich gab es daher am letzten Montag nur noch eine logische Möglichkeit:
Ich muss ihn aus seinem Trott werfen, seine Komfortzone aufbrechen. Ich muss ihn wecken.

Ich bin leider kein Profi. Ob das funktioniert oder schief geht weiss ich nicht.
Aber ich handle mit bestem Wissen und Gewissen und hoffentlich nur zum Besten von Melvin.

Es ist und war eine verzweifelte Tat - aber ich weiss schlicht nicht mehr weiter!
Dafür entschuldige ich mich bei Melvin.
Ich liebe ihn von ganzem Herzen und wünsche ihm nur das Beste. 

Ich weiss nur:
Ich habe Melvin über die Jahre zum Brunnen geführt, doch saufen muss er nun endlich selbständig.

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